Im Anknüpfung an unsere Exkursion in die Essener Synagoge eröffnete uns Johanna Nuhn dazu einen Zugang. Als Schlüssel dazu dienten ihr zwei geheimnisvolle Gestalten der jüdischen Tradition:
Hiram aus Tyrus, Sohn einer Witwe und legendärer Baumeister des Salomonischen Tempels, der von seinen eigenen Arbeitern aus Gier ermordet wurde.
Lillith, geheimnisvolle, verführerische erste Frau Adams, die im Mittelalter als kindesmordende Dämonin der Nacht, in jüngerer Zeit als Galionsfigur der Frauenbewegung interpretiert wurde.
Woher stammen diese außergewöhnlichen Mythen-Charaktere? Woher ihre seltsamen Namen? „What’s in a name?“
Wir erfuhren an diesem Abend von der verbindenden Kraft von Namen und wie Hiram, Lilith, die Sonne und der Mond zusammenkommen.
Namen, die verbinden: Geschichten, die auf den ersten Blick unterschiedliche Inhalte und Personen umfassen, werden durch eine ganz vielfältige Verwendung von Namen verbunden.
Namen, die verwirren: Ist es eine Person, ein Ort, oder ist es überhaupt ein Eigenname? Was ist der berühmte „Name, der Programm ist“ - Was in der Erinnerung der Leser als „Name“ abgespeichert wird, ist auf einer tieferen Ebene des Textes gar kein Name im klassischen Sinne (mehr).
Wir sahen am Beispiel der Geschichten von Hiram und Lilith, dass ein Text (lat. Textum – das Gewebe) ein tatsächlich dichtes Gewebe von einzelnen Erzählsträngen- und Fäden ist, die durch sorgfältige gewebte, d.h. erzählerisch erschaffene „Knoten“ verbunden sind, bzw. durch sehr auffällige Textknoten auch bewusst markiert sind und uns als Leser herausfordern, alternativen Lektürespuren nachzugehen.
Dieser wunderbare Abend war auch die Premiere in unserer gemütlichen neuen Wirkstätte, dem von Freunden geführten Café „Lilananda“ (sanskrit: Lila = kosmisches Spiel, kosmischer Tanz / Ananda = Glückseligkeit) im Essener Süd-Viertel. Die immer weiter wachsende Zahl unserer Teilnehmer zeigt, wie groß das Interesse an unseren Themen ist. So sehen wir dem neuen Jahr mit Freude und Spannung entgegen.