Persönlichkeiten wie Paracelsus, Isaac Newton und Johann Wolfgang von Goethe waren große Alchemisten. Erst im Zeitalter der Aufklärung wurde sie verdrängt und mit Okkultismus, Hexerei und Aberglauben vermischt, bis sie mit der Psychoanalyse des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu neuem Leben erwachte. So teilt sich die Ausstellung, mit 250 Werken von der Antike über den Barock und Surrealismus bis hin zur zeitgenössischen Kunst, auch in zwei Bereiche.
In den schwarzen Räumen beginnen wir im antiken Ägypten, dem Ursprungsort der Alchemie, über das 16. und 17. Jahrhundert bis zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.
In der Vormoderne beanspruchten Künstler und Alchemisten, die Natur nicht nur nachahmen zu können, sondern gar zu perfektionieren. Als Beispiel dafür sehen wir Eidechsen und anderes Getier, das wie lebendig wirkt, aber in edlem Metall oder in Keramik wie Versteinerungen verewigt wurde. Dass Künstler und Alchemisten auch in Konkurrenz zueinander standen, zeigt der Niederländer Adriaen van Ostade mit dem Gemälde des Labors eines an der Goldherstellung gescheiterten Alchemisten. Wir sahen Dürers „Melencolia I.“, Portraits von Rubens und David Teniers d. J., allegorische Gemälde von Jan Brueghel d. Ä. und Hendrick Goltzius sowie drei Exemplare des „Splendor Solis“, der am reichsten geschmückten Handschrift der Alchemiegeschichte. Erstmals öffentlich in Europa ausgestellt, bewunderten wir ein Originalmanuskript Isaac Newtons von der Chemical Heritage Foundation in Philadelphia. Auf Grund der Fülle war dies eines der wenige Exponate, die wir gründlicher betrachten und in deren verschlüsselte Symbolik wir eintauchten konnten. Hochempfindliche Schätze der Archäologie und Buchkunst trug der Kunstpalast zusammen, wie etwa zwei griechische Papyri aus Ägypten aus dem 3. Jahrhundert nach Christus, die als die ältesten überlieferten Originalzeugnisse der Alchemie gelten. Auch ein „Splendor Solis“ (Sonnenglanz), eine prächtige alchimistische Bilderhandschrift der Renaissance, gehört zu den Glanzstücken der Schau.
Im weißen Saal konnte unsere staunende Gruppe nachvollziehen, wie sehr zeitgenössische Künstler wie Rebecca Horn, Neo Rauch, Alicja Kwade oder die Vertreter der „Arte povera“ von der geheimnisumwitterten Alchemie inspiriert sind. Künstler und Alchemisten bilden seit Jahrhunderten eine geheimnisvolle Geistesgemeinschaft. Beide suchen nach dem inneren Zusammenhang der Stoffe und verfügen über das Wissen von Materialien und Farben. Joseph Beuys zum Beispiel inszenierte sich 1982 als Alchemist, als er die Kopie einer goldenen Zarenkrone einschmelzen ließ und aus dem flüssigen Gold einen Friedenshasen goss. Sigmar Polke verarbeitete in seinem Werk die mythische Gestalt des „Hermes Trismegistos“, der als Begründer der Alchemie gilt.
Die Suche nach dem Stein der Weisen und nach dem Rezept zur Herstellung von Gold aus billigem Material trieb die Alchemisten an. Es ist für den Menschen der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts schwer, die verrätselte Welt der Alchemie voller Allegorien und Symbole zu verstehen, doch viele aus unserer Gruppe konnten ihre Mythen- und Symbol-Kenntnisse u.a. aus den vergangenen MRT-Treffen in die Bildinterpretationen einbringen.
Ging es neben der profanen Gier nach schnellem Reichtum doch dem wahren Alchemisten um heilige Erkenntnis und philosophische Selbstveredelung. Joseph Campbell hätte dem unbedingt zugestimmt.
Darüber diskutierten wir im Anschluss noch bis in die Nacht in einer der gemütlichsten Kneipen Düsseldorfs mit dem schönen Namen „Zum goldenen Einhorn“, die für uns Mythenforscher gemacht zu sein schien.
Informationen zur Ausstellung „Kunst und Alchemie - die Kunst der Verwandlung“